Hintergrund

Die überwiegende Mehrheit älterer Menschen wünscht sich ein Leben in der eigenen Häuslichkeit auch im fortgeschrittenen Lebensalter. Damit verbunden ist der Anspruch, ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen. Tatsächlich führt dieser Wunsch jedoch dazu, dass ältere Menschen erhebliche Einschränkungen in Kauf nehmen, um am eigenen Haushalt festzuhalten (vgl. Meyer 2019). Zudem ist der Lebensraum älterer Menschen durch einen immer kleiner werdenden Radius gekennzeichnet und damit vor allem auf den kommunalen Raum bezogen (vgl. Köster 2019). Dementsprechend gehört zu selbstbestimmtem und altersgerechtem Wohnen weitaus mehr als die barrierefreie Gestaltung von Wohnräumen. Wichtig sind auch „die altersgerechte Gestaltung des Wohnumfelds, die Verfügbarkeit von Angeboten sozialer und pflegerischer Unterstützung, die Erreichbarkeit von Versorgungs-, Gesundheits- und Kultureinrichtungen im Nahbereich und ein wertschätzendes, integrierendes gesellschaftliches Umfeld“ (Dehne u. Neubauer 2014, S. 3). Insbesondere in ländlichen Regionen sind diese Notwendigkeiten selten sichergestellt. Indes steigt mit den Veränderungen durch den demografischen Wandel auch der Bevölkerungsanteil Hochaltriger in Dörfern. Sachsen-Anhalt gehört zu den Bundesländern, die hiervon am stärksten betroffen sind - wie die folgenden Abbildungen deutlich machen:

Empirica-Institut: LSA 2014
Empirica-Institut: LSA 2030
(Grafiken entnommen aus: Empirica-Institut: Wohnungsmarktbericht Sachsen-Anhalt 2018, S. 53)

 

Eine besondere Gefährdung des selbstbestimmten Lebensalltags besteht für Hochaltrige in peripherisierten Regionen, mit geringem Einkommen, Mehrfacherkrankungen und Mobilitätseinschränkungen sowie bei Alleinlebenden, da sich vorhandene Wohnangebote zumeist an alleinstehende ältere Menschen mit einem mittleren oder höheren sozio-ökonomischen Status richten.

 

Dabei finden die Chancen und Potentiale Älterer in ländlich geprägten Regionen kaum Beachtung (vgl. Fachinger u. Künemund 2015). Unterschätzt wird beispielsweise die Nachfrage älterer Menschen nach Dienstleistungen im Sozial- und Gesundheitssektor sowie ihre Bereitschaft, sich sozial und ehrenamtlich zu engagieren. Die Kompetenzen älterer Menschen als Bestandteil regionaler Wertschöpfung und gesellschaftliche Ressource sollten unbedingt mehr Anerkennung finden und als zusätzlicher Anreiz dienen, Risiken effektiv entgegen zu wirken (vgl. Kolland, Wanka, Rohner 2019).

Quellenverzeichnis

  • Dehne, Peter/Neubauer, Anja (2014): Ländliches Wohnen im Alter, aber wie? Facetten sorgender Gemeinschaften in Mecklenburg-Vorpommern und anderswo. In: Deutsches Zentrum für Altersfragen (Hrsg.): informationsdienst altersfragen. Jg. 41, Heft 06 (2014), S. 3-12.
  • Fachinger, Uwe/Künemund, Harald (2015): Vorwort. In: Fachinger, Uwe/Künemund, Harald (Hrsg.): Gerontologie und Ländlicher Raum. Lebensbedingungen, Veränderungsprozesse und Gestaltungsmöglichkeiten. Wiesbaden: Springer. S. 7.
  • Kolland, Franz/Wanka, Anna/Rohner, Rebekka (2019): Soziale Teilhabe älterer Menschen im ländlichen Raum. In: Ross, Friso/Rund, Mario/Steinhaußen, Jan (Hrsg.): Alternde Gesellschaften gerecht gestalten. Stichwörter für die partizipative Praxis. Opladen: Barbara Budrich. S. 315-330.
  • Köster, Ursula (2019): Seniorengenossenschaften. In: Ross, Friso/Rund, Mario/Steinhaußen, Jan (Hrsg.): Alternde Gesellschaften gerecht gestalten. Stichwörter für die partizipative Praxis. Opladen: Barbara Budrich. S. 133-142.
  • Meyer, Christine (2019): Soziale Arbeit und Alter(n). Weinheim und Basel: Beltz Juventa.